Architektur

Studierendenwettbewerb an der TU Dortmund

Smart City Living – Modular und nachhaltig

Im Rahmen des Wahlpflichtfachs zum modularen Bauen „Berlin TXL – Smart City Living“, das in Zusammenarbeit der Juniorprofessur Ressourceneffizientes Bauen und dem Unternehmen ALHO Systembau GmbH während einer zweisemestrigen Lehrveranstaltung umgesetzt wurde, haben Studierende der Fakultät Architektur und Bauingenieurwesen der TU Dortmund Entwurfskonzepte für innerstädtisches Wohnen bis zur Konstruktionsreife entwickelt. Am 14. Februar 2022 stellten die Studierenden ihre Entwürfe und Ausarbeitungen in Dortmund der Fachjury vor. Zwei der Arbeiten wurden mit einem ersten Preis und jeweils 900 Euro Preisgeld, zwei weitere mit einem dritten Preis und jeweils 600 Euro Preisgeld gewürdigt. 

Dr. Jutta Albus leitet seit April 2017 an der TU Dortmund die Juniorprofessur „Ressourceneffizientes Bauen“. „Modulare Bauweisen können – auch vor dem Hintergrund neuer digitaler Planungs- und Fertigungsmethoden – große Potenziale für die Architektur im 21. Jahrhundert bereithalten“, ist die promovierte Architektin überzeugt. „Eine Auseinandersetzung mit dem Thema Modulbau muss vielschichtig sein und sowohl auf planerischer, gestalterischer, (bau-)konstruktiver und auch ökologischer und sozio-ökonomischer Ebene stattfinden. Erst dann werden Vereinheitlichungsstrategien nicht als defizitär gewertet, sondern im Hinblick auf einen ganzheitlichen Entwurfsansatz beleuchtet und ermöglichen in diesem Sinn eine Berücksichtigung von Nachhaltigkeit und Ressourcenschutz entsprechend ihres Stellenwertes. Das kreative und ressourcenschonende Bauen in Modulbauweise ist darum gerade für Architekturstudierende eine sehr spannende und universelle Aufgabe.“ 

Warum Modulbau an Hochschulen lehren?

Vor allem in Großstädten und Ballungsgebieten fehlt bezahlbarer Wohnraum. Um schneller und effizienter bauen zu können, empfehlen Experten schon seit geraumer Zeit die Möglichkeiten des seriellen Bauens auszuschöpfen. Für Architekten und Architektinnen aber bedeutet das Bauen mit Modulen auch ein gewisses Umdenken: „Wenn man als Architekt zum ersten Mal mit Modulbau in Berührung kommt, wirft diese Bauweise schon einige Fragen auf und weckt vielleicht sogar Zweifel,“ räumt Dipl. Ing. Michael Lauer ein, der als Architekt ehemals bei ALHO beschäftigt inzwischen Vorlesungen über Modulbau an zahlreichen Fachhochschulen und Universitäten hält. „Dies liegt in erster Linie daran, dass dem Modulbau in Teilen immer noch das „Container-Image“ früherer Zeiten anhängt – mit allen negativen Assoziationen“, so Lauer weiter. „Die moderne Modulbauweise aber ist qualitativ sehr hochwertig und in den Möglichkeiten der Gestaltung und der Materialwahl für Ausbau und Fassade äußerst vielfältig und individuell.“ Dennoch ist zu beachten, dass für Planer bei der Modulbauweise ein paar andere Regeln gelten, als die, welche sie aus ihrer Berufspraxis bisher gewohnt sind: Einschränkungen gibt es zum Beispiel in Bezug auf die Größe der geplanten Objekte, denn erst ab einer gewissen Anzahl von Modulen wird die Bauweise wirtschaftlich interessant. Eine zweite Reglementierung ergibt sich aus statischen Notwendigkeiten aufbauend auf einem orthogonalen Modulraster, innerhalb dessen prinzipiell aber alle denkbaren Entwurfsfreiheiten bestehen und das – dank der freitragenden Stahlskelettstruktur eines jeden Moduls – unabhängig voneinander in jedem Geschoss.  „Anders als bei konventionellen Bauweisen werden bei der Modulbauweise Detailentscheidungen vor allem bezüglich der Positionierung von Versorgungseinheiten, Elektro- und Sanitärinstallationen bereits in einer sehr viel früheren Phase getroffen, da eine spätere Änderung der Planung einen Mehraufwand in der Produktion bedeutet“, erläutert Lauer weiter. „Je früher angehende Architekten und Architektinnen mit diesen Umständen aber umzugehen lernen und ein Gespür für das Planen und Bauen innerhalb des Modulbaurasters entwickeln, die Vorteile und Möglichkeiten aber auch Zwänge und Grenzen kennen, desto kreativer und hochwertiger werden die zukünftigen Ergebnisse ausfallen, desto harmonischer werden sich die Bauten in unsere Umwelt integrieren und desto selbstverständlicher und gleichberechtigter wird sich der Modulbau neben anderen Bauweisen in Zukunft eingliedern“, fasst der Architekt die Motivation ALHOs für das Engagement in der Lehre zusammen. 

 

Wettbewerb als krönender Abschluss der Studentenarbeiten

Michael Lauer begleitete als Modulbauexperte die Studierenden während des zweisemestrigen Bearbeitungszeitraums. Zur Vorbereitung dienten unter anderem Impulsvorträge und ein Besuch der Produktion in der ALHO Raumfabrik. Als Abschluss schlug ALHO einen Wettbewerb vor, um die Ergebnisse der Studierenden zu honorieren und gleichzeitig auch repräsentativ darzustellen und vergleichen zu können. 
Die Aufgabe wurde von den Studierenden über den gesamten Zeitraum in Gruppen bearbeitet, die in ihrer Größe variierten und bis zu drei Studierende pro Entwurfsarbeit zuließen. Für den abschließenden Wettbewerb wurde die Gruppengröße innerhalb der Jury thematisiert und diskutiert, welche Auswirkungen für die Bewertung die unterschiedlichen Größen haben könnten. Die Jury kam aber überein, dass lediglich die Qualität der jeweiligen Arbeit sowie die Präsentation derselben als relevant angesehen und bewertet werden sollten. Schlussendlich wurden zwei erste und zwei dritte Preise vergeben, wobei die durchgehend hohe Qualität der Arbeiten betont wurde. 

 

Alle vier Arbeiten, die im Wahlpflichtfach „Modulares Bauen“ im Sommersemester 21 und Wintersemester 21/22 entstanden sind, weisen eine tiefe, breitgefächerte und qualitätsvolle Auseinandersetzung mit den Anforderungen aus der Aufgabenstellung und der Thematik des Bauens mit Raummodulen auf. „Jedes Projekt bietet dabei im Rahmen selbstgewählter Themenschwerpunkte potenzielle Lösungen für die aufgeworfenen Fragen des Seminars nach Urbanität und nachhaltigen Konstruktionsmethoden im Bauwesen des 21. Jahrhunderts an“, urteilt die Jury. „Die durchgehend hohe Qualität der Präsentation der einzelnen Arbeiten wird ebenfalls honoriert, so dass sich die Jury darin einig ist, alle Arbeiten als preiswürdig anzusehen. Gleichwohl wird bei den Projekten von Julia Stratmann und Alexander Prinz sowie von Laura Pfohl, Cengiz Kabalakli und Sven Schründer darüber hinaus das Hinterfragen von gängigen Wohnformen und damit verbunden die Entwicklung und Darstellung– vom Entwurf bis zur Ausführungs- und Detailplanung – von potenziell innovativen und inklusiven Formen des Zusammenlebens als besonders preiswürdig erachtet. Verbunden mit einer jeweils sehr hohen Bearbeitungsqualität sowie einer plangrafisch und visuell hochwertigen und nachvollziehbaren Darstellung, hat dies an Ende zu der Verteilung der Preise geführt.“ 

 

Durch die Bearbeitung der vier Projekte über den für ein Wahlpflichtfach ungewohnten Zeitraum von zwei Semestern hinweg und dank des konstanten Engagements der Studierenden, fand eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung mit der Thematik des Bauens mit Raummodulen statt – von der konzeptionellen Setzung über die entwurfliche Ausgestaltung bis hin zur detaillierten Planung einer möglichen konstruktiven und materialtechnischen Umsetzung. Darüberhinaus wurden wichtige Zukunfts-Themen wie kollektives Wohnen und zirkuläres Bauen berücksichtigt. „Die Bandbreite der qualitätsvollen studentischen Arbeiten unterstreicht dabei die Potenziale, die Architektur und Städtebau aktuell und zukünftig zum Umgang mit den Herausforderungen des Klimawandels bieten“, lautet das Fazit der Jury. 

„Abflug TXL – Gemeinsam das Stadtquartier wachsen lassen“

Erster Preis: Cengiz Kabalakli | Laura Pfohl | Sven Schründer

Entscheidendes Merkmal dieses ganzheitlich gedachten Entwurfs mit Laubengangerschließung sind die sogenannten „Nachbarschaften“. Sie strukturieren die große Baumasse in kleinere Zonen und fördern Orientierung, Begegnungen und soziale Interaktion. Die intelligente Positionierung der einzelnen Module ermöglicht eine sinnhafte Anordnung diverser Wohnungstypen, welche die soziale Durchmischung und Urbanität stärken.

Das Thema „Nachhaltigkeit“ wird auf ganz unterschiedlichen Ebenen im Gesamtkonzept integriert und stärkt damit den Leitgedanken des Entwurfs und seine kontinuierliche Weiterentwicklung. Durch die Verwendung von Raummodulen jeweils in gleicher Breite aber unterschiedlichen Längen, ergibt sich eine wirtschaftliche modulare Struktur, die von der Wiederholung gleichbleibender Module lebt. 

„Kollektives Wohnen in den „Tegelschen Höfen“

Erster Preis: Alexander Prinz | Julia Stratmann

Die Arbeit setzt sich intensiv mit urbanen Wohnformen im Zeitalter des Klimawandels auseinander: Die horizontalen Erschließungsflächen der einzelnen Geschosse werden zu „Straßen“ ausgeweitet, die über begrünte Atrien belichtet und belüftet werden und gemeinschaftliche Nutzungen einzelner Wohnungen aufnehmen. Jede Wohnung wird somit zum „Haus an der Straße“ mit Blickbeziehungen untereinander und der Förderung nachbarschaftlicher Beziehungen. Konstruktiv lotet der Entwurf die Grenzen des modularen Bauens aus und bleibt dennoch realisierbar. Ermöglicht wird dies durch eine Primärkonstruktion aus Raummodulen mit einheitlicher Breite und unterschiedlichen Längen, die horizontal verschoben wurden und somit eine lebendige bewegte Fassade schaffen. 

 

„MOD_UNITY – Smart City Living“

Dritter Preis: Noah Berg | Lisa Röer

Der Entwurf lässt eine tiefgehende Beschäftigung mit typologischen und konstruktiven Fragestellungen im Rahmen der Entwurfsaufgabe erkennen und führt diese in einem ganzheitlichen Konzept zusammen. Das im Sinne der Urbanität funktional stark durchmischte Erdgeschoss agiert dabei als massiv ausgeführter, konstruktiver „Tisch“ für die darüber liegenden, modular aufgebauten Wohngeschosse. Innerhalb einer sinnhaften und ausgeklügelten Struktur aus gleich breiten und unterschiedlich langen Raummodulen wird insgesamt ein vielfältiger Wohnungsmix angeboten. Die Ausnahme bildet das sogenannte „Green House“, welches mit seiner Orientierung zum Quartiersplatz auf allen Ebenen öffentliche und halböffentliche Nutzungen aufnimmt.  

 

„Modularer Stadtbaustein in Berlin-Tegel“

Dritter Preis: Nina Jasmin Kück

Eine klar strukturierte Arbeit, welche die Vorteile der Modulbauweise zu nutzen weiß. Schon das Konzept lässt bereits eine effektive und effiziente Konstruktion und Umsetzbarkeit erahnen, ohne jedoch in eine starre und monotone innere Organisation zu verfallen. Diverse Nutzungen werden miteinander verwoben, Öffentlichkeit und Urbanität berücksichtigt, sowie unterschiedliche Wohnungstypologien ermöglicht. Die Laubengänge führen zu einer sinnhaften Erschließung sowie zu spontanen Begegnungen und zu sozialer Interaktion. Durch die rhythmisierte Aneinanderreihung von vor- und zurückspringenden Modulen entsteht eine klar gegliederte Fassade mit nicht einsehbaren, privaten Loggien. 

 

 


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